3. Saarbrücker Fremdsprachentagung


Podiumsdiskussion vom 31.10.2015 zum Thema
Fremdsprachenvermittlung zwischen Anspruch und Wirklichkeit1


Moderation:
Prof. Dr. Thomas Tinnefeld


Teilnehmer (alphabetisch):
Prof. Dr. Christoph Bürgel
Prof. Dr. Ines Busch-Lauer
Prof. Dr. Michael Langner
Prof. Dr. Heinz-Helmut Lüger

Prof. Tinnefeld: Meine Damen und Herren, lassen Sie uns nun beginnen mit der Podiumsdiskussion zum Tagungsthema: "Fremdsprachenvermittlung zwischen Anspruch und Wirklichkeit"- Lassen Sie mich kurz die Podiumsdiskutanten kurz vorstellen: Da ist zunächst Frau Professor Ines Busch-Lauer aus Zwickau, und ihr Lehrgebiet ist Englisch und Kommunikation. (Applaus) Dann darf ich Ihnen Herrn Prof. Christoph Bürgel vorstellen - jetzt seit ganz, ganz kurzer Zeit, exakt seit dem 1. Oktober, gewechselt von Osnabrück nach Paderborn auf eine W3-Professur für die Didaktik des Französischen und Spanischen. (Applaus) Weiterhin Herrn Professor Michael Langner zugleich aus Fribourg in der Schweiz und Luxemburg, u.a. aktiv auf den Gebieten der Psycho- und Neurolinguistik, Sprachdidaktik und Medien. Und schließlich Herrn Professor Heinz-Helmut Lüger, Universität Koblenz-Landau. Sein Lehr- und Forschungsgebiet ist die Linguistik und Didaktik des Französischen. (Applaus)

Wir haben uns den Ablauf der Veranstaltung so gedacht, dass wir zuerst Drei-Minuten-Statements haben. Diese Statements - bzw. die Kurzfassung dieser - finden Sie im Tagungsprogramm ab Seite 135. Frau Busch-Lauer, darf ich Sie bitten, Ihr Statement abzugeben?

Frau Prof. Busch-Lauer: Okay, ich probier's mal. Meine Damen und Herren, es ist sehr schön, dass wir heute so ein Panel haben. und es ist auch schön, dass wir das Tagungsthema aufgreifen, nämlich "Fremdsprachenvermittlung zwischen Anspruch und Wirklichkeit". Ich bin inzwischen sehr lange Fremdsprachenlehrerin; ich habe nach meinem Studium 1983 begonnen, Fremdsprachen zu lehren - in ganz verschiedenen Kontexten. Zum einen an der Universität,  zum anderen aber auch in der Wirtschaft, war Übersetzerin in der Wirtschaft, bin zurück­gekehrt an die Hochschule – genauer gesagt, die Fachhochschule – habe also ganz verschie­dene Bedarfsgruppen erlebt und weiß, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke klafft -  und diese ist nicht klein. Ich habe auch begonnen nachzudenken – auch im Kontext dieser Tagung -, wie das eigentlich mit dem Fremdsprachenlernen in verschiedenen Institu­tionen ist, also in der Schule und auch an der Hochschule. Und wir sehen ja, dass wir gerade jetzt im Moment an der Hochschule sehr heterogene Lernergruppen vorfinden. Die Schere wird  immer größer und nicht kleiner. Woran liegt das?

Das Ministerium in Dresden - da ich aus Sachsen komme - hat mich gebeten, an einer Länderevaluation teilzunehmen, es gibt also einen IQB-Ländervergleich für die Deutsch- und Englisch-Kompetenzen der Schüler, und zwar in der 9. Klasse, und ich habe mir gedacht: "Gut, das kannst Du einfach mal mitmachen und mal schauen, wie die Schüler die Sprache beherrschen". Ich bin also in Leipzig in fünf Schulen gewesen zwei Gymnasien, drei Mittel­schulen - und habe dort diesen Vergleich durchgeführt, und dies war ziemlich ernüchternd. Ernüchternd, weil das, was im Lehrplan steht, auch über den Test IQB nicht unbedingt erfragt wird. Ich fand es auch verwunderlich, dass es beim Vergleich dazu gekommen ist, dass man gleiches Material für Gymnasium und Mittelschule benutzt hat. Und mir ist aufgefallen, woran es liegen könnte, dass wir zwischen dem Soll und dem Ist eine Differenz haben. Wir gehen in den Schulen aus meiner Sicht zu stark nach Lehrplänen vor und nicht so sehr auf das ein, was nachher in der Praxis gebraucht wird. Das kann sich auch an den Hochschulen fortsetzen, wenn dort Leute unterrichten, die nicht so sehr mit der Praxis verbunden sind. Das heißt also: Die Rückkopplung dessen, was wir brauchen - was in der Praxis gebraucht wird , muss unbedingt erfolgen deswegen das Statement dazu.

Dann habe ich aufgeschrieben: "Wie wirkt sich die digitale Welt auf unser Lernen aus?" Ich glaube, die Motivation zum Sprachenlernen kann auch minimiert werden durch unsere neuen mobilen Endgeräte. Alle Informationen sind immer in allen Sprachen verfügbar, d.h. meine Anstrengungen, selbst die Sprache zu beherrschen, sind eigentlich gar nicht notwendig. Dies sollten wir uns auch bewusst machen. Dass wir Kommunikation unterrichten, setzt voraus, dass man Kenntnisse des Sprachsystems hat, aber dass der Fokus auf den produktiven Fertig­keiten liegt, also auf dem Sprechen und auch auf dem Schreiben. Und ich glaube, das ist etwas, das wir dringend vermitteln und trainieren müssen, und es muss den Lernenden auch bewusst sein, dass sie Aufgaben in der Praxis zu bewältigen haben und nicht etwa für den Lehrer lernen; dass wir also nicht nur für den Lehrer oder für den Dozenten lernen, sondern dass wir für die Praxis lernen. Also ich plädiere dafür, dass wir uns alle Gedanken machen, wie wir über unsere Praxis denken, und dass wir sehr viele Aufgaben, die authentisch sind, in diese Ausbildung hineinbringen. So, ich denke, drei Minuten sind vielleicht sogar schon rum.

Prof. Tinnefeld: Das ist prima, danke schön. (Applaus). Wir gehen also nahtlos und zeitsparend über zu Herrn Professor Bürgel. Herr Bürgel, darf ich Sie bitten?

Prof. Bürgel: Ja, ich freue mich, dass Sie in die Richtung gehen, die ich im Prinzip auch vortragen möchte - und im Wesentlichen haben Sie schon die Kernpunkte meines Statements vorweg genommen, so dass ich mich jetzt entsprechend kurz fassen kann. Ich möchte für eine Neufokussierung des Wortschatzes und der Wortschatzvermittlung bzw. Wortschatzarbeit im Fremdsprachenunterricht – insbesondere im schulischen Fremdsprachenunterricht - plädieren. Und mein Plädoyer resultiert aus ersten Studien zu Sprachkompetenzen von niedersächsischen L2-Französisch-Lernenden des Gymnasiums, die wir in den Jahren 2009 bis 2013 in Nieder­sachsen durchgeführt haben. Diese Studien haben sehr ernüchternde, ja sogar alarmierende Ergebnisse gezeitigt. Beispielsweise beim Leseverstehen ist nur circa ein Drittel der Lerner nach vier Jahren Französischunterricht in der Lage, zunehmend komplexe, authentische Texte zufriedenstellend zu verstehen. Auch beim Hörverstehen ist die große Mehrheit der Lerner am Ende von Jahrgang 10 nicht in der Lage, die Haupt- und Detailinformationen von authentischen Hörtexten, die mit gemäßigter Sprechgeschwindigkeit gesprochen werden, relativ problemlos zu verstehen. Diese Defizite verwundern an und für sich nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass Lerner nach vier bzw. fünf Jahren Unterricht nur über knapp 700 opake Wortschatz­einheiten rezeptiv verfügen; und in neueren Studien haben wir sogar nachgewiesen, dass der durchschnittliche Wortschatz noch geringer ist, nämlich circa 400 Wörter am Ende von Jahrgang 10 und circa 1100 Wörter bei Abiturienten. Damit liegen die Abiturienten sehr weit entfernt von dem Hausmannschen Grundwortschatz von 2150 Wörtern, die für das Abitur angesetzt werden. Die Hypothese, die für mich daraus resultiert, ist, dass die fehlende Quanti­fi­zierung des Wortschatzes in Bildungsstandards im Gemeinsamen europäischen Referenzrah­men und auch in Kernlehrplänen möglicherweise dazu führt, dass Kompetenzen übergewichtet werden und dass Wortschatz oder sprachliche Mittel insgesamt vernachlässigt werden. Abel hat einmal zu Recht bemerkt, dass Lerner Fertigkeiten bzw. Kompetenzen nur in dem Maße ausbilden, in dem sie auch über die sprachlichen Mittel verfügen, und deshalb scheint es mir an der Zeit zu sein, dem Wortschatz oder sprachlichen Mitteln allgemein wieder den Stellenwert im Fremdsprachenunterricht – und auch in der Fremdsprachendidaktik – zu geben, der ihnen gebührt. Und für eine solche Neufokussierung des Wortschatzes muss sich die Fremdsprachendidaktik stärker als bisher mit der Sprachwissenschaft vernetzen und die sprachlichen Grundlagen des Fremdsprachenlernens zur Verfügung stellen. Neue Impulse können hier insbesondere durch korpusinduzierte Forschung zu sprachlichen Mitteln geliefert werden. Aufgabe wäre es beispielsweise, frequente Worteinheiten - also Kollokationen und alle Arten von pragmatischen Prägungen und Konstruktionen der gesprochenen und geschrie­benen Sprache – zu ermitteln und dann für Lehr- und Lernmaterialien aufzubereiten. Eine so­lide Wortschatzkompetenz würde damit die Grundlage für die Entwicklung von rezeptiven und produktiven Sprachkompetenzen bilden.

Prof. Tinnefeld: Prima, danke, das war sehr schön im Limit, haben Sie vielen Dank. Herr Langner darf ich Sie nun bitten, Ihr Statement abzugeben.

Prof. Langner: Ja, vielen Dank. Ich bin seit 35 Jahren in der Lehreraus- und -weiterbildung in zwei mehrsprachigen Ländern tätig einerseits der Schweiz, andererseits Luxemburg , kenne aber auch die Ausbildungssysteme in Deutschland und Frankreich. Und für mich ist diese Frage­stellung - Anspruch und Wirklichkeit - etwas, wo ich denke, wenn wir uns den Schulunterricht anschauen - und einige Referate, die ich hier gehört habe, weisen in anderen Ländern in genau die gleiche Richtung , dass wir hier einen ungeheuren Nachholbedarf haben. Wir haben eine Diskussion auf akademischem Level, wir sprechen von Interkomprehension und was weiß ich nicht allem, wir sprechen von – ich liebe den Ausdruck nicht Neurodidaktik, aber er hat sich jetzt mehr oder weniger eingebürgert, sowie die Neurotheologie inzwischen auch schon existiert, Neurogermanistik soll's auch schon geben, okay - ich liebe diese plakativen Ausdrücke nicht, aber wir haben eine Situation, dass z.B. und das ist der erste Teil von meinem State­ment , dass wir aus dem Bereich der Gehirnforschung inzwischen eine ganze Menge wissen – wir wissen noch lange nicht alles –, aber bereits eine ganze Menge über Spracherwerb, Fremd­sprachenerwerb, Zweitspracherwerb usw. usf. Nur, wenn ich mich umschaue, erkenne ich: In den Ausbildungsgängen der Länder, die ich kenne, existiert dieses Thema nicht. Das ist in mei­nen Augen eine immense Lücke.

Die zweite Lücke besteht – und das wird immer wieder deutlich – in Folgendem: Wir haben selbst in mehrsprachigen Ländern eine Schubladendidaktik. Wenn wir Deutsch lernen, lernen wir nur Deutsch. Wenn wir Französisch lernen – und da gilt es ganz besonders –, lernen wir nur Französisch. Das, was wir unter dem Schlagwort Integrierte Sprachendidaktik kennen, in unse­rem Bereich, und zwar unter Einschluss der L1 – ich liebe den Ausdruck Muttersprache nicht –, unter dem Einschluss der L1 also, da haben wir sozusagen eine Wüste vor uns, das ist an den Schulen nicht existent. Schon gar nicht diese L1, die ja als Schulsprache existiert und zuneh­mend für Schüler und Schülerinnen gar nicht mehr die L1 ist. Wir denken in Schubladen, selbst in einem Land wie Luxemburg, wo alltäglich Code-Switching stattfindet in den Köpfen der Menschen stecken Schubladen: Wir haben eine Schublade Französisch, eine Schublade Eng­lisch, eine Schublade Deutsch und eine Schublade Letzeburgisch. Das ist der zweite Punkt. Warum schaffen wir es nicht, dass diese Dinge in die Schule, in die Ausbildung der Lehrer inte­griert werden?

Und der dritte Punkt Medien ist ja angesprochen worden. Medien können sehr hinderlich sein. Auf der anderen Seite denke ich, wir stehlen uns aus der Verantwortung ich erinnere mich an meine eigene Kindheit, da wurde das Fernsehen ausgeblendet. Wir haben bis zum Schuleingang damals über Raumschiff Orion und Mit Schirm, Charme und Melone diskutiert damit können Sie ausrechnen, wie alt ich bin , und mit dem Eintritt in den Haupteingang war das Thema Fernsehen weg, und wenn wir wieder nach Hause gingen, damals liefen wir ja noch ohne Smartphone nach Hause, unter der Kontrolle der Eltern, dann hat man darüber weiter diskutiert. Das Fernsehen war schlecht, wurde ausgeblendet. Wir haben ... ich habe manchmal das Gefühl, neben einer ungeheuren Begeisterung einerseits - einer Euphorie, die auch nicht gerechtfertigt ist - wird auf der anderen Seite ausgeblendet, dass diese Medien eine Rolle spielen. Und plakativ formuliert hab ich das ja mit dem letzten Satz, wenn man die Diskussion um die Flüchtlinge, ich möchte jetzt nicht auf die "Merkelmania" einsteigen, aber wenn man die Diskussion anschaut. Da gibt es Untersuchungen, dass sehr viele der intelligenten syrischen Flüchtlinge fünf Apps auf dem Smartphone haben. Die erste ist Google Maps, man muss ja die Flüchtlingsroute planen, die vier anderen sind ganz häufig Sprachen-Apps Gratis-Sprachen-Apps , und ich behaupte, wenn ich motiviert bin, dann lerne ich mit allem, und die einzigen, die in meinen Augen mit diesen Apps lernen, sind heutzutage Flüchtlinge. Das fehlt als Drittes in der Lehrerausbildung, die wir haben, extrem. Danke. (Applaus)

Prof. Tinnefeld: Vielen Dank Herr Langner. Ich glaube, einige von uns - ich auch - haben an der falschen Stelle gelacht bzw. reagiert - bei Raumschiff Orion -, so dass viele von uns jetzt ihr Alter verraten haben… Aber danke dafür; das war eine sehr schöne Erinnerung, die Sie vermittelt haben. Heinz-Helmut, darf ich Dich bitten?

Prof. Lüger: Ja, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich denke, wenn man von Anspruch und Wirklichkeit der Fremdsprachenvermittlung reden will, dann muss man auch die Rahmenbe­din­gungen etwas näher betrachten. Und dazu möchte ich sechs Thesen formulieren.

1. Wir haben alle mitbekommen, dass sich seit der Bologna Studienreform einiges grund­legend geändert hat. Wir leben in einem System von Modulen, credit points, workload usw. - verbunden mit den bekannten Nachteilen. Das Interesse an den Studieninhalten ist zurückge­gangen, eine buchhalterische Mentalität dominiert, der Niveauverfall ist unübersehbar.

2. Das Ziel der Studienreform, einen gemeinsamen Hochschulraum in Europa zu schaffen, wurde nicht erreicht. Das enge Modul-Korsett sowie die vielen, je nach Studienort sehr ausdif­ferenzierten Studiengänge haben gerade in den philologischen Fächern generell eine Reduk­tion der Mobilität bewirkt.

3. Wohlklingende Schlagwörter wie Mobilitätssteigerung, Internationalisierung, Professionali­sierung, Polyvalenz waren von vornherein nur Teil einer akzeptanzwerbenden Strategie, nur bedingt ernst gemeint. Im Vordergrund stehen politisch motivierte Ziele wie Verkürzung und Verbilligung der Ausbildungszeit sowie eine Erhöhung der Absolventenzahlen.

4. Im Vordergrund stehen nicht mehr Lerninhalte oder Themen, sondern Kompetenzen, die direkt beobachtbar und vor allem testbar sind; Stichwort: Outputorientierung. Nicht meßbare Einstellungen, Haltungen, Bildung bleiben außen vor; Stichwort: Entkulturalisierung. Das hindert jedoch nicht, Sprachstandards als Bildungsstandards auszugeben. Technokraten be­nutzen hier oft eine Ballast-Metaphorik: Studiengänge seien zu entrümpeln, abzuspecken, zu verschlanken, zu entschlacken. Jeder politische Demagoge kann sich hier betätigen, ohne auch nur einen einzigen konkreten Nachweis antreten zu müssen.

5. Durch die totale Verschulung wird der Ausbildungs-Charakter des Studiums weiter verstärkt. Da Module immer auch abgeschlossene Einheiten sind, kommen zusätzliche fachliche Vertie­fungen nicht mehr in Betracht. Freiräume für die Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten sind nicht mehr vorhanden, die humboldtsche Verbindung von Forschung und Lehre ist nicht mehr aktuell. Die schleichende Entwertung des Abiturs in Deutschland sorgt hier für ein übri­ges.

6. Die minutiös ausgearbeiteten und von der Bürokratie oktroyierten Prüfungsordnungen be­seitigen jeden Freiraum. Hinzu kommen die Reglementierungen mit Online-Plattformen. Bereits die Anmeldung zu einer Lehrveranstaltung kann zum Spießrutenlauf werden. Alles wird zu einem aufwendigen bürokratischen Akt, alle Daten müssen plötzlich zentral erfaßt werden. Absoluter Höhepunkt dieser planwirtschaftlichen Verfahren sind die Anmeldung und die Zulas­sung zu den zahlreichen Teilprüfungen – von der Verwaltung der Prüfungsresultate ganz zu schweigen. Ein weiteres bürokratisches Highlight stellt ohne Frage das Akkreditierungs-Ge­schehen dar, da bleibt kaum eine Lebensminute unverplant, sogar der Auslandsaufenthalt wird workloadmäßig vermessen. Bereits 2009 forderte der Deutsche Hochschulverband: „Es reicht – diesem Unsinn muss ein Ende gemacht werden!“ (Applaus)

Prof. Tinnefeld: Vielen Dank… interessante und provokative Statements. Okay! Ich danke Ihnen und möchte Ihnen jetzt eine Zauberfrage stellen, nämlich: Sind Sie gegenseitig einverstanden? Und wenn nicht, wie? (Abwarten - Keine Reaktion). Ein Punkt, der sicher sehr wichtig ist - fangen wir vielleicht ganz modern an - sind die neuen Medien. Was ich selbst immer im Unter­richt feststelle - und vielleicht geht es Ihnen genauso - ist Folgendes: Es gibt ja diese verschiede­nen Websites, zum Beispiel Leo, das jetzt auch schon das Chinesische und Polnische umfasst, das auch bei den Studierenden im Sprachunterricht ständig auf dem Computer ist oder auf dem Smartphone, und in dem sie bei Diskussionen die einfachsten Wörter nachschlagen. Also, ich habe Studierende erlebt, die auf einem gedachten B2-Niveau im Englischen solche Verben nachgeschlagen haben wie to develop , was natürlich die Diskussion unterbricht , und die dann das erste Wort, das gefunden wird es wird ja dann Deutsch-Englisch gesucht, natürlich, das sind ja zweisprachige Wörterbücher, die verwendet werden - die also das erste Wort, das dann gefunden wird, verwenden nach dem Motto "Reim dich oder ich fress dich", "Funktioniere oder ich nehme kein anderes Wort, selbst wenn es nicht geht". Das bringt uns Sprachlehrer - und auch die Sprachforscher und -didaktiker - vielfach auf die Palme... und ich freue mich sehr, dass Herr Langner etwas sagen möchte. Was ist es?

Prof. Langner: Es ist nichts Kontroverses, aber mich erinnert genau das mit Leo heutzutage an das, was wir in meiner Kindheit mit dem Liliput hatten. Wir hatten alle diese kleinen Wörterbücher, die kennt man heute gar nicht mehr, aber wir hatten die unter der Bank, die konnte man mit einer Hand bedienen, wie heute das Smartphone, und da guckten wir auch genau das nach der ersten Übersetzung, und damit produzierte man Texte. Es hat sich da eigentlich nichts geändert, nur das Medium. Das Zweite, was mich interessieren würde: Es gibt - glaube ich - immer noch eine Untersuchung, die vor Jahren mal ein Kollege von mir gemacht hat, über Wörterbücher, nach der elektronische Wörterbücher nicht zur Wortschatzvertiefung dienen. Und das Dritte, das wäre jetzt eine Frage an Sie und vielleicht auch ans Publikum: Wenn ich der Erfahrung nachgehe ich habe jedes Jahr ein Medienseminar, "Medien und Fremdsprachen­lernen" , jedes Jahr dieselbe Frage, 21 bis 22 Leute im Seminar. Ich frage: "Wer hat ein Smartphone / iPhone?" Alle natürlich, manche zwei. "Wer hat was zu Sprachen drauf, außer jetzt Leo?" "Wer hat schon mal mit einer App Sprachen gelernt?" Einer von 20! Das ist seit Jahren ein Standard. Welche Erfahrungen haben Sie?

Prof. Busch-Lauer: Darf ich was sagen? Ganz kurz vielleicht zur Mediennutzung. Ich glaube, dass das Nachschlagen von Vokabeln nur eine einzige Funktion ist, die uns die Medien bieten. Und es ist schön, dass Verlage inzwischen begonnen haben, nicht nur E-Books zu produzieren, sondern dass sie auch begonnen haben, Apps zu entwickeln für diese mobilen Endgeräte. Da wir so eine große Durchdringungsrate haben – von 90 Prozent plus –, und da der Mensch sehr gern spielt, bietet es sich an, spielerische Kommunikationssituationen abzubilden. Ich möchte keine Reklame für besondere Verlage machen, ich sage nur einfach, was mir neulich begegnet ist. Also ich habe beim Verlag Cornelsen gesehen, dass es dort eine Lehrwerkreihe gibt, das ist Technical Pulse, Business Pulse, Social Pulse - also auf Fachsprache ausgerichtet - und dort eine sogenannte Wortschatz-App. Das heißt, man lädt diese kostenfrei herunter, man kauft sich einmal für 4,99 € so ein Wortschatzpaket, was letztlich die Lektionen des gesamten Buches abbildet, und man hat die Möglichkeit, selbst einen Wortschatz anzulegen, d.h. die Vokabeln, die ich im Unterricht lerne, kann ich dort eingeben – das setzt voraus, dass man dazu legitimiert ist, aber man kann sich quasi in einem Tagestraining auferlegen, wie viele Vokabeln man übt. Man kann das in der Opposition Deutsch-Englisch machen oder Englisch-Deutsch. Man kann also auch einschätzen – das kann ich schon, das kann ich nicht –, d.h. darauf reagiert der elektronische Vokabelkasten, d.h. die Dinge werden wieder auferlegt oder nicht. Es gibt nicht nur das Wort, das ich trainiere, sondern bei jeder Vokabel ist auch ein Satz dabei, d.h. ich habe auch einen Kontext. Das ist sehr schön, und ich kann damit diese Dinge auch anlegen für meinen eigenen Wortschatz. Das finde ich eine sehr schöne Sache, und ich habe das, da ich sehr viel mit Informatikstudenten zu tun habe, einfach mal evaluieren lassen. Sie fanden die Idee sehr schön. Sie fanden aber dann wiederum die Arbeit damit ein bisschen langweilig. Gut, dass ist Potential für euch, auch eurer Kreativität freien Lauf zulassen und dort selbst Beiträge zu machen, wie man diese Lernszenarien erweitern kann. Das nur vielleicht als Kritik dazu. Es ist also nicht nur so, E-Learning oder M-Learning auf das Nachschlagen von Vokabeln zu reduzieren, sondern es können damit auch bestimmte Situationen erfasst werden. Ich finde es auch toll, dass es inzwischen Phänomene gibt wie augmented reality, d.h. ich kann mein Handy über ein Schild, das in Chinesisch geschrieben ist, legen, und dann kann ich das in Englisch oder in Deutsch lesen und verstehe diese kurzen Wendungen. Das wird nie mit ganzen Texten funktionieren, aber ich glaube, gerade mit Schildern ist das schon eine sehr hilfreiche Sache. Das birgt natürlich die Gefahr, dass derjenige die Sprache nicht mehr so lernen möchte, weil es ist ja alles möglich. Also das ist die Gefahr, aber zumindest erst mal ein Ansatz und ein Vorteil, und da wir ja alle erwachsen sind und trotzdem Kind, da wir so gerne spielen, würde ich sagen, sind solche Spiel-Apps mit Vokabeltraining - und das ist vielleicht auch in Ihrem Sinn – eine sinnvolle Sache…. So, jetzt habe ich zu lange gesprochen, glaube ich, jetzt sind die anderen dran.

Prof. Tinnefeld: Okay. Danke schön. Was ist Ihre Meinung? Ist es eher so, dass wir aufgrund der ständigen Verfügbarkeit von Nachschlagemöglichkeiten in der Zukunft noch mehr damit rech­nen müssen, dass immer weniger Vokabular aktiv beherrscht wird, weil ja alles im Grunde immer da ist nur eben nicht im Kopf der Menschen? Oder können wir aufgrund dieser Lern­möglichkeiten, die Frau Busch-Lauer eben aufgeführt hat dass wir also Wortschatz individu­alisieren, eigene Wortschätze aufbauen, diese dann durch Training wiederholen, mit dem Smart­phone beispielsweise oder am Computer wieder optimistischer sein für die Zukunft, dass also Vokabular doch wieder so beherrscht wird, wie es früher der Fall war?

Prof. Bürgel: Es steht in der Tat zu befürchten, dass sowohl schulische Lerner als auch universitäre Lerner aufgrund der medialen Verfügbarkeit des Wortschatzes eben eine andere Haltung ein­nehmen. Warum soll ich Wortschatz kontinuierlich und beharrlich lernen, wenn er permanent – vor allem medial – verfügbar ist und ich ihn jederzeit abrufen kann? Studien in den fünfziger Jahren von Burns haben gezeigt, dass Lerner bereits nach einem Lernjahr über 700 Einheiten verfügen – ich hatte ja vorhin von den erschreckenden, ernüchternden Daten berichtet, die wir ermittelt haben – d. h. also, es scheint sich im historischen Vergleich schon eine Veränderung ergeben zu haben, und umso wichtiger ist es eben, Lerner für mediale Strategien sowie für Lernstrategien zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen, wie Wortschatz systematisch mit den medialen Anwendungen gelernt werden kann. Aber das ist eben wiederum eine lernstrate­gische Frage  und ich glaube, da muss man ansetzen und tatsächlich systematisch mit den Schülern und auch Studierenden arbeiten.

Prof. Tinnefeld: Wir haben ja auch die Situation, dass Wissen immer verfügbar ist und auch sein wird Stichpunkt Wikipedia , und da wollte ich Herrn Lüger mal fragen, wie es sich damit verhält. Mein Lateinlehrer hat immer gesagt, Bildung heißt zu wissen, wo etwas steht; man muss nicht alles wissen, aber man muss wissen, wo es steht. So, wenn ich weiß, dass etwas in Wikipedia steht, bin ich dann eigentlich gebildet. Reicht das?

Prof. Lüger: Ja, diese rhetorische Frage muss ich, glaube ich, nicht beantworten. Ich möchte zu der vorhin angeschnittenen Frage noch sagen, die Hoffnung auf autonomes Lernen muss man ja nicht aufgeben, aber trotzdem führt kein Weg vorbei an einer systematischen, inhaltlich orien­tierten Arbeit, die eben auch gleichzeitig Wortschatz und vielleicht auch ein paar andere Strukturen vermittelt. Zweitens sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass das Sprachen­lernen auch interaktiv in Zusammenarbeit, in Auseinandersetzung, im Gespräch mit anderen beispielsweise in einer Gruppe, in einer Klasse stattfinden sollte. Ich denke, das sind die entscheidenden Orientierungspunkte, die dann auch ein Minimum an Effektivität garantieren, denn alles andere sehe ich als mehr oder weniger beliebte, vielleicht sogar verzichtbare Dinge an. Was jetzt Wikipedia betrifft, hilft im Studium nur eines: Man sollte die Benutzung beispielsweise als Quelle in schriftlichen Arbeiten unterbinden.

Prof. Tinnefeld: Ja, wir gehen nun ein bisschen weg vom Thema, weil wir eine allgemeine Bildungsdiskussion führen, die aber auch im Sprachunterricht wichtig ist, wir wollen ja keine Fachidioten, sondern Sprachidioten ausbilden, wenn ich das mal provokativ sagen darf – aber ist es nicht so, dass man Wikipedia durchaus als Zwischenstufe, wählen kann? Ich finde ja in Wikipedia Wege, wie ich weiterforschen kann. Ich finde Literatur, ich finde Türen, Tore zu anderen Bereichen. Ist das nicht auch durchaus wichtig?

Prof. Langner: Also, ich sage es nicht ganz so provokativ, ich sage meinen Studierenden, selbstverständlich, die Qualität von Wikipedia ist ja unbestritten, aber ich sage, das Wichtige bei Wikipedia steht ganz unten, und ich erwarte von Ihnen, dass die Literaturangaben, die unten stehen, von Ihnen bearbeitet werden. Und bisher – ich kann das ja überprüfen, wir haben ja heutzutage diese Möglichkeiten – scheint das mehrheitlich zu klappen. Weil, wenn wir es verbieten, schaffen wir nur eins: Das ist ja umso interessanter; sie tun es ja doch. Deswegen der kritische Umgang damit und mit dem, was es letztendlich bietet an Erstquellen , das ist in meinen Augen das, was wir eigentlich brauchen.

Prof. Tinnefeld: Prima. Heinz-Helmut, Du hattest gesprochen über die Notwendigkeit der Anpassung von Curricula, was natürlich auch diesen Punkt betrifft: Sprachwissen Weltwissen. Inwiefern sollten denn die Curricula in Zukunft angepasst werden - vielleicht auch wieder rückangepasst werden zu früheren Niveaus und Standards?

Prof. Lüger: Also, das ist in erster Linie eine politische Entscheidung und da muss man doch ein wenig den europäischen Referenzrahmen in Augenschein nehmen, und meines Erachtens sollte man von dem Begriff der Kompetenzstandards ein wenig abrücken. Man muss die inhaltliche Arbeit mehr in den Vordergrund rücken. Man sollte die Notwendigkeit kulturellen Wissens wieder forcieren und damit auch die Notwendigkeit von Bildungsinhalten in der schu­lischen Ausbildung und vor allem auch im Studium betonen, und das scheint mir in den letzten Jahren ziemlich vergessen worden zu sein. (Applaus)

Prof. Tinnefeld: Darf ich den Applaus dazu verwenden, jetzt vielleicht eine Transition einen Übergang zu wählen zu Fragen aus dem Publikum? Wir können uns ja dann gleichzeitig auch noch hier äußern, das ist ja nicht widersprüchlich. Gibt es denn Fragen?

Fragesteller Dr. Wolfgang Bufe: Ich möchte gern Herrn Langner fragen: Was ist denn das Gegenteil einer Schubladendidaktik?

Prof. Langner: Also, die Mehrsprachigkeit ist natürlich eines der Modelle - besonders gut natürlich bei romanischen Sprachen, aber bei germanischen und slawischen Sprachen gibt es diese Ansätze ja auch, aber das führt eigentlich noch viel, viel weiter… Plakativ formuliert: Wenn ich die Gymnasien in Zürich gegenüber den Gymnasien in Luxemburg setze, dann stelle ich eines fest: In Zürich hat man die Idiotie besessen, Englisch als erste Fremdsprache einzuführen - ja, ich bin bekannt dafür, dass ich plakativ formuliere – die Idiotie besessen, Englisch als erste Fremdsprache einzuführen - mit der Behauptung, dass Französisch als zweite Fremdsprache – was Fremdsprache ist, kann man ja diskutieren – auf dem gleichen Niveau erreicht werden sollte. Luxemburg, die autochthonen Luxemburger – wir sprechen jetzt nicht über diese Riesenmengen Migranten, die Luxemburg hat – die autochthonen Luxemburger mit Erst­sprache Luxemburgisch, Alphabetisierungssprache Deutsch, dann kommt Französisch als Unterrichtssprache – und was machen die Englischlehrer? Die Englischlehrer machen ganz bewusst einen Englischunterricht, der basiert auf zwei germanischen Sprachen und einer romanischen Sprache und schaffen es in drei Jahren mit relativ minimalem Aufwand, ein Niveau – und das bestätigen mir meine Englischlehrer – von C1 zu erreichen. Die Züricher mit neun Jahren Schulunterricht auf Englisch schaffen es gerade auf ein B1+. Das nur ein bisschen, um zu zeigen, was ich damit meine. Integrierte Sprachendidaktik heißt für mich: Wir lernen nicht eine Sprache isoliert. Wir können ungeheuer viel Zeit gewinnen, ich habe das in den Ausbildungsgängen mal mit Englisch und Deutsch im Tessin gemacht, da fällt den Leuten wie Schuppen von den Augen: Ja, Menschenskinder, es gibt Strukturen, die haben die ja schon, weil die zuerst Deutsch gelernt haben, da brauchen wir nicht darauf rumzureiten. Ich habe mit 33 kapiert, dass das objet direct im Französischen dem deutschen Akkusativ entspricht. Das ist doch etwas, das in die Schule gehört! … Ja, ungefähr… ich weiß schon. mit den faux amis und den bons amis. Ja, das meine ich damit: Wir könnten Zeit sparen und könnten mehr erreichen.

Fragesteller Dr. Wolfgang Bufe: Stichworte Mehrsprachigkeit, Schubladendenken: Zwei Anmerkungen - einmal zum Hörverstehen - auf dem Hintergrund dessen, dass die einzelnen Sprachen isoliert voneinander betrieben werden. Ein Fremdsprachenlehrer hat unter Umständen eine höhere Hörkompetenz als der native speaker, wenn er mehrere Sprachen zur Verfügung hat. Wir wissen aus der Akustik zum Beispiel, dass jede Sprache einen Frequenzbereich hat, eine Phonemanzahl usw., und in dem Maße, wo ich mehrere Sprachen habe, kann ich diatopische und diastratische Merkmale besser einordnen.

Zweite Anmerkung: Wir brauchen natürlich neue Lehrerprofile. Im Mittelluxemburgischen haben wir im Staatsexamen etliche Luxemburger geprüft hier in Saarbrücken, die waren nicht immer alle so gut - das war nur eine Randbemerkung. Wir brauchen ein neues Lehrerprofil, in dem die Mehrsprachigkeit auch angelegt ist. Wir haben ja zu wenig mehrsprachige Lehrer. Wir reden alle über entsprechend hohe Sprachkompetenz, hohe wissenschaftliche Kompetenz, aber the linguist – das Englische - hat ja zwei Bedeutungen, der Linguist der Sprachforscher und der Sprachkönner. Dafür möchte ich noch mal plädieren, dass wir also nicht nur Französisch- und Geographie- und Sportunterricht haben, sondern dass wir fordern, dass der Sprachlehrer mindestens zwei Sprachen vertritt, das wäre das Minimum an Sprachkompetenz. Sonst können wir unsere Mehrsprachigkeitsdidaktik einpacken.

Prof. Langner: Richtig!

Fragestellerin Frau Edda Emich: Meine Frage ist. Liegt es nicht daran, dass die Lehrer, die heute ausgebildet werden an den Universitäten, zu viel Theorie machen und zu wenig Praxis? Ich sehe das an meiner eigenen Tochter. Sie hat Lehramt studiert, hat sehr lange studiert, weil sie eben arbeiten musste nebenher, und hat das zweite Staatsexamen leider wegen der vielen Theorie, die in der schriftlichen Prüfung abgefragt wurde, nicht bestanden. Sie hat eine gute Lehrprobe – mit der Note 3+ gemacht. Sie war desolat, am Boden zerstört, und ich frage mich: Was bezwecken Kultusministerien damit, dass sie 11.000 Lehrer in einem Bundesland einsparen wollen und wenn sie nachher gebraucht werden, sind die Lehrer nicht mehr da, weil sie kaputt gemacht wurden durch Sparmaßnahmen. Das ist meine Meinung. Was kann man da ändern?

Prof. Tinnefeld: Gibt es zu diesen beiden Statements Antworten?

Prof. Lüger: Also, dazu möchte ich gern Stellung nehmen. Das mag für einige Bundesländer zutreffen, aber ich kann hier jetzt nur für das Bundesland, in dem ich selber aktiv war, sprechen, nämlich Rheinland Pfalz, und da haben wir – Herr Dethloff ist ja ebenfalls anwesend – eine Studienreform eingeführt, wo gerade die sprachpraktischen Kompetenzen sehr massiv gestützt werden. Das muss man also wirklich von Fall zu Fall beurteilen, und oft sind es auch individuelle Fehler, wenn z.B. sprachpraktische Fertigkeiten nicht ausreichend erworben wurden. Ich selber habe immer wieder festgestellt, dass es außerordentlich große Wider­stände gab und gibt, wenn man Studenten dazu bewegen will, wenigstens drei Monate am Stück ins Ausland zu gehen. Das ist aus meiner Sicht wirklich das Minimum. Sinnvoll wäre ein ganzes Schuljahr es gibt ja auch viele institutionelle Möglichkeiten, die das erleichtern , aber die Widerstände, die man hier überwinden muss, die sind sehr, sehr groß. Ausschlaggebend sind m.E. nicht immer die Studienbedingungen. Und von Theorielastigkeit des Studiums würde ich in den Fällen, die ich kenne, überhaupt nicht sprechen; das Gegenteil ist der Fall: Man muss praktisch keine Ganztexte mehr lesen, man muss nicht mehr viele sprachwissenschaftliche Autoren kennenlernen, das ist insgesamt alles sehr minimalisiert, meine Kritik würde also eher in eine andere Richtung gehen.

Prof. Tinnefeld: Danke schön. Weitere Fragen?

Prof. Bürgel: Ja, vielleicht noch kurz eine Rückmeldung zu der eben aufgeworfenen Frage. Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe, ging Ihre Frage in Richtung Verzahnung von Theorie und Unterrichtspraxis oder war das bezogen auf Sprachpraxis?

Fragestellerin Frau Edda Emich: Nein, das war nicht bezogen auf Sprachpraxis. Die Sprachpraxis war ja gut, aber die Belegung oder die Darstellung dessen, was meine Tochter als Lehrerin mündlich getan hat, hat nicht ausgereicht. Und das wird eben stärker bewertet. Ich sehe das als großes Hindernis. Das ist ja nicht nur in diesem Fall so, in tausend anderen ebenso. Wenn man 11.000 Lehrer einsparen will – das war eben nicht Rheinland-Pfalz, das war Baden-Württemberg – sieht man doch, es müssen ja genug durchfallen. Das ist meine Meinung. Die Sprachkompetenz wird unter den Tisch gekehrt. Meine Tochter war ein ganzes Jahr in den USA, sie spricht fließend Englisch - ohne Probleme -, sie spricht fließend Französisch, war ein halbes Jahr in Frankreich. Wir haben immer viel nach Frankreich Kontakte gehabt. Auch daran liegt es nicht. Es liegt an den Belegen dessen, was sie schriftlich machen muss, wodurch die Lehrerbedin­gungen immer mehr erschwert werden. Das ist ein großes Manko - und wie wollen wir die Menschen motivieren, die als junge Menschen von der Universität kommen, wenn sie solche Hürden nehmen müssen?

Prof. Tinnefeld: Gut…

Prof. Bürgel: Ja, im Prinzip ist es eine Kritik an dem Modell der Meisterlehre. Also: Theoretisches Wissen wird an der Universität vermittelt, und das soll dann von Studierenden im Unterricht angewendet werden. Und in der Tat gibt es ja eine ganze Reihe von Lehrerbildungsstudien, die gezeigt haben, dass das problematisch ist und auch so nicht funktioniert. Es gibt ja in einigen Bundesländern – beispielsweise in Nordrhein-Westfalen – das Projekt des Praxissemesters. Das versucht, genau diese Trennung von Theorie und Praxis aufzubrechen und beide Bereiche enger miteinander zu verzahnen. Und die ersten Erfahrungen sind durchaus ganz positiv. In Vorbereitungsseminaren auf das Praxissemester und entsprechenden Begleitseminaren wer­den die Studierenden auf Unterrichtspraxis und auf Forschungsfragen vorbereitet, die dann in dem viermonatigen Praxissemester durchgeführt und evaluiert werden, so dass sie lernen, mit theoretischen Fachbegriffen der Fachdidaktik Unterricht zu beschreiben, zu analysieren und zu reflektieren. Und genau diese Verzahnung von Theorie und Praxis kann dazu führen, dass dieser Praxisschock, den Sie beschrieben haben, im Referendariat oder später in der Lehrtä­tigkeit aufgebrochen wird und die Studierenden rechtzeitig dazu angeleitet werden, Unterricht theoretisch zu reflektieren, zu planen und am eigenen Leib zu erfahren – und das dann auch kompetent umzusetzen.

Prof. Tinnefeld: Gut, weitere Fragen?

Fragesteller Prof. Günter Schmale: Ich werde mal versuchen - vielleicht schaff ich's , Heinz-Helmut Lüger zu provozieren. Ich kann mich erinnern, als ich mein Studium begann – also ich gehöre zu der Generation, die auch Raumschiff Orion kennt und mein Studium begann, da wollte uns Professor Weinrich damals Literaturlisten abarbeiten lassen, also mit Goethe und Schiller usw., und die haben wir dann bestreikt, weil wir das nicht wollten. Und ist das nicht ein ganz altes Argument, dass man, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, sagt, die Jüngeren wissen nicht mehr das, was ich mal wusste? Ich habe auch das Gefühl: Meine Studenten wenn es irgendwo ein kleines Problem gibt in Texten dann bin ich immer derjenige, der das nachschaut, das machen nie die Studenten. Also wir übersetzen Texte von einem Autor, den sie nicht kennen, wer sagt was? Günther Schmale es hat keiner nachgeschaut, außer mir. Und ich habe einen Sohn, der bezeichnet mich als "Dinosaurier", weil ich noch Bücher lese. Andererseits hat dieser Sohn aber jetzt einen der schwierigsten französischen Concours geschafft, nämlich die Ecole nationale de la magistrature. Er wird also demnächst Richter oder Staatsanwalt werden. Also muss er doch irgendwas gelernt haben, selbst wenn er nicht die gleiche Struktur hat wie ich. Und deswegen frage ich, ob man nicht sehr viel bescheidener sein müsste mit den jungen Leuten. Ich weiß auch immer nicht, was sie mehr wissen, aber ganz offensichtlich wissen sie doch etwas, aber eben auf andere Art als wir.

Prof. Tinnefeld: (zu Prof. Lüger) Möchtest du diese Provokation annehmen?

Prof. Lüger: Also, der Versuch, mich mit dieser Frage zu provozieren, muss scheitern. Ich bin aber nach wie vor so optimistisch zu glauben, dass man eben auch durchsetzen kann - und würde mir wünschen, dass das auch politisch stärker unterstützt würde -, dass ein Studium dazu führt, Menschen auszubilden, Menschen dazu zu bringen, sich für Literatur zu begeistern und auch für ein anderes Land zu interessieren. Und wenn diese Bedingungen nicht mehr erfüllt sind, dann - würde ich sagen - läuft etwas falsch. Und ich sehe einfach, das ist gegenwärtig absolut nicht mehr gegeben.

Prof. Tinnefeld: Wäre ein Weg dahin denn diese integrative Mehrsprachigkeit, dass man also nicht nur beispielsweise eine romanische Sprache lernt, sondern dass man, wenn man Französisch lernt, nicht nur primär lernt - oft auch durch die praktische Erfahrung der Lektüre von Texten, und ebenso die Rezitation von Texten, ebenso vielleicht später durch das freie Sprechen , sondern dass man dann sieht: "Ach ja, ich kann zumindest auch Spanisch verstehen, auch wenn die beiden Sprache typologisch doch recht weit voneinander entfernt sind". Wenn ich Spanisch verstehen kann, kann ich sehr gut italienische Texte lesen, auch wenn die Orthographie dort ziemlich verschieden ist. Aber es lohnt sich einerseits, eine Sprache intensiv zu lernen und mehrere Sprachen verhältnismäßig "preiswert" dazu zu bekommen und gleichzeitig auch kultu­rell einiges mitzubekommen, denn manche Denkweisen – ich will jetzt nicht zu weit ausschwei­fen – Denkweisen, die in Spanien herrschen – sind in Frankreich nicht ganz so unbekannt oder umgekehrt. Wäre das eine Möglichkeit – also mehr wirklich auf diesen integrativen Ansatz hinauszugehen als das, was wir bisher machen – Luxemburg ist da ja ein prominentes Beispiel – und dadurch auch mehr zu lernen und zu vermitteln? (Schweigen) Ich sehe, das ist keine Lösung... .

Prof. Langner: Vielleicht noch etwas zu dem ökonomischen Aspekt ...

Prof. Tinnefeld: ... das wäre meine Frage gewesen…

Prof. Langner: Ja, zu dem ökonomischen Aspekt, den Sie angesprochen haben, das ist mir heute bei einem Vortrag, in dem ich war, auch wieder eingefallen: In der Schweiz gibt es Studien, die ganz klar belegen, dass jemand in der Wirtschaft, der neben Englisch Englisch gilt ja nicht mehr als Fremdsprache, Englisch gilt ja als Kompetenz – der also neben dieser Kompetenz in Englisch zum Beispiel eine oder zwei Landessprachen spricht, bis zu 30 Prozent mehr verdient. 30 Prozent! Das ist eine ganze Menge! Das müsste man irgendwo auch in anderen Ländern mal untersuchen. Ich glaube, das ließe sich in anderen Ländern auch nachweisen – das sind viel­leicht nicht gerade 30 Prozent das könnte ja durchaus etwas weniger sein, und natürlich ist dies keine intrinsische Motivation, aber ich bin sowieso der Meinung, auch extrinsische Moti­vation kann zum Sprachenlernen führen. Das sind solche Dinge, die müssten eigentlich viel mehr bekannt werden.

Und dann vielleicht noch eine Randbemerkung, die mir vorhin noch einfiel. Es gibt einen sehr guten Aufsatz von Jürgen Oelkers (Zürich), der mal geschrieben hat, die derzeitige Diskussion um Kompetenz ist nur die Verhinderung der Auseinandersetzung mit Inhalten. Wir "futieren" uns, wie wir Schweizer sagen, um Inhalte und bleiben auf der Diskussion von Kompetenzen.

Prof. Tinnefeld: Okay, darf ich Sie vielleicht jetzt zum Schluss unserer Diskussion – wir müssen ein wenig auf die Zeit achten – noch um ein ganz kurzes Schluss-Statement bitten, das so als eine Art Motto oder Denkweise oder irgendetwas gelten kann, das wir mit nach Hause nehmen könnten. Wäre das möglich oder ist das zu viel verlangt? Ganz kurz, etwas Prägnantes, so dass wir sagen können: "Ach, das merken wir uns vielleicht, das nehmen wir mit von der Diskussion und da setzen wir vielleicht etwas anders an, als wir es vorher gemacht haben".

Frau Prof. Busch-Lauer: Soll ich beginnen?

Prof. Tinnefeld: Frau Busch-Lauer! Das ist lieb, danke schön!

Frau Prof. Busch-Lauer: Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir wahrnehmen, dass sich Sprache - und Sprachen – im Wandel befinden. Und wir sollten auch uns im Wandel befinden. Das heißt, das Festhalten an irgendwelchen starren, eingeübten Dingen sollte man aufgeben und sich auch den Neuerungen nicht verschließen. Das heißt auch: Unsere Lehrer sollten den Schülern nicht verbieten, das Handy im Unterricht zu benutzen, denn nur, wenn ich es benutze, kann ich natürlich auch mit dieser zuvor erwähnten Vokabel-App lernen. Das ist z.B. eine Sache.

Aber der Schüler muss natürlich auch wissen, in welchen Grenzen das passieren darf. Also ich denke hier, ein Weg zum autonomen Lerner ist eine ganz interessante Sache, das sollten wir unbedingt beherrschen. Wir sind viel zu befangen in starren Mustern und Systemen. Die müssen wir, glaube ich, wieder aufbrechen. Das wäre so ein zweiter Gedanke, den ich hier heute mitnehme, und die Mehrsprachigkeit – das war sehr gut angesprochen (Nicken ins Publikum) würde ich für sehr wichtig halten – gerade für Leute, die Linguistik, Sprachwissen­schaft oder auch die Vermittlung von Sprache studieren. Das war eigentlich in meiner Ausbil­dung – das ist schon sehr lange her – verpflichtend, dass wir zwei Fremdsprachen gelernt haben, und man hat noch ein Fach dazu gelernt, oder hatte noch Psychologie oder Didaktik im Studium. Ich weiß nicht, inwieweit das heute tatsächlich noch der Fall ist. Also das würde ich mir sehr wünschen. Und es gab auch tatsächlich eine Spezialisierung für Leute, die in die Schu­le gegangen sind. Und es gab eine Spezialisierung für Leute, die dann in der Erwachsenen­bildung gearbeitet haben. Das Modell ist leider eingeschlafen. Danke schön!

Prof. Tinnefeld: Danke schön! Herr Bürgel, darf ich Sie bitten!

Prof. Bürgel: Ich würde an mein Ausgangsstatement anschließen wollen – eben die Stärkung von Wortschatz und Wortschatzkompetenz – wobei ich da das Augenmerk richten möchte, nicht auf das Lernen von Einzelwörtern, sondern darauf, wegzukommen von der Einzelwort-Orien­tierung. Denn wie zahlreiche Studien und auch neuere Entwicklungen der Sprachwissenschaft gezeigt haben, besteht Sprache ja nicht daraus, dass wir Sätze und Äußerungen aus Einzel­wörtern nach grammatischen Regeln zusammenbauen, sondern Sprache besteht zu einem hohen Anteil aus mehr oder weniger vorgefertigten Worteinheiten, vorgeformten Einheiten, Konstruktionen, pragmatischen Prägungen aller Art. Insofern muss man wegkommen von dieser Einzelwort-Orientierung hin zu einem konstruktionellen Verständnis von Sprache - oder, wie Dirk Siepmann kürzlich formuliert hat: "Fremdsprachenlernen ist Konstruktionslernen".

Prof. Tinnefeld: Herr Langner, bitte.

Prof. Langner: Vielleicht zwei Dinge: Das eine anknüpfend an das, was mein Vorredner gerade gesagt hat. Mich erstaunt immer wieder als ich Englisch gelernt habe, das ist schon eine Wei­le her da war ganz klar: Englisch ist eine idiomatische Sprache, also lernen wir idioms. Diese Idiomatik ist in den anderen Fremdsprachen überhaupt jetzt erst angekommen. Wir haben gerade eine Studie in der Schweiz fertiggestellt, die ist gerade vor zwei Wochen erschienen mit Flüchtlingsarbeit. Da wurde ganz knallhart mit junks gearbeitet, wie man das so Neudeutsch nennt. Junks Phraseologismen , und man hat festgestellt, dass man im Nu eine doch relativ gute Kompetenz in diesem Bereich erzielen konnte, und ich denke, das gilt für andere Lernende auch. Das gilt nicht nur für Flüchtlinge.

Zweiter Punkt: Ich möchte Sie nach Hause schicken mit einer Fragestellung: Wie schaffen wir es – und zwar wir alle –, dass Bildungspolitiker nicht der Scharlatanerie aufsitzen, sondern sich dort kundig machen, wo Fremdsprachendidaktik gemacht wird? Es ist bestürzend sowohl in Luxemburg, als auch in der Schweiz, als auch in Frankreich , welche Diskussionen auf bil­dungspolitischer Ebene geführt werden, wo man nur lachen kann, weil da Scharlatanerie betrieben wird. Das ist in meinen Augen die Frage: Wie schaffen wir es, dass wir an die Bil­dungspolitiker rankommen mit unseren guten Ansätzen, die wir haben?

Prof. Lüger: Ja, wenn man schon Wünsche formulieren darf - ich würde mir eine generelle Umkehr in der fremdsprachenpolitischen Landschaft wünschen. Herr Bufe hat vorhin schon den Faktor Mehrsprachigkeit aufgerufen das ist sicherlich ein Weg. Ich möchte den Begriff Transfer­sprachen noch einmal in die Debatte werfen, und ich denke, dass dieser Begriff viel zu wenig diskutiert wird auch in unseren Kreisen, und anhand dieses Begriffes könnte man sehr gut deutlich machen, mit welcher ersten Fremdsprache man überhaupt einsetzen sollte. Ich finde, es ist vor diesem Hintergrund ein Unding, dass diskussionslos überall Englisch als erste Fremdsprache gewählt wird teilweise ja schon im Grundschulunterricht, teilweise auch in der école maternelle oder in der Vorschule , und wenn man sich einmal grundsätzlich Gedanken machte, welche morphosyntaktische Vielfalt in einer bestimmten Sprache herrscht, dann würde man sehr schnell zu dem Ergebnis kommen, dass es beispielsweise in Deutschland sinn­voll wäre, mit einer nicht-germanischen Sprache zu beginnen, und dass es in Frankreich sinnvoll wäre, mit einer nicht-romanischen Sprache zu beginnen. Was jedoch geschieht, ist genau das Gegenteil. Nicht nur, dass bestehende Verträge – ich erinnere nur an den Elysée-Vertrag von 1963 – nicht eingehalten werden; darüber hinaus wird allzu oft nur den Eltern nach dem Munde geredet, die sagen, Englisch sei die Weltsprache, also müssen wir in jedem Fall mit Englisch beginnen. Auf der anderen Seite, wenn ich den fremdsprachenpolitischen Kahlschlag unter dem Präsidenten Hollande sehe, was jetzt Vallaud-Belkacem plant mit der Reduzierung des Deutschunterrichtes das ist schlicht und einfach ein Skandal. Dass zudem sehr viele Schüler sich zunehmend für Spanisch entscheiden, halte ich für eine allgemeine Fehl­entwicklung, die mit einer bestimmten bildungspolitischen oder fremdsprachenpolitischen Ignoranz zusammenhängt. Da kann ich Herrn Langner nur absolut Recht geben: Hier müssen wir uns mehr Gehör verschaffen, hier müssen wir selber eine intensivere Diskussion führen, und da müssen wir schlicht und einfach auch mehr Einfluss nehmen.

Prof. Tinnefeld: Ich darf da vielleicht noch eine Erfahrung anschließen, die Sie vielleicht auch gemacht haben; auf jeden Fall ein Teilnehmer, nämlich mein alter, hier anwesender Schulfreund Dietmar Wozniak, hat diese Erfahrung sicherlich auch gemacht. Ich glaube, wir haben früher oft darüber gesprochen. Wir haben das Vergnügen gehabt und das meine ich im Nachhinein so –, mit Latein anzufangen und… dieses Vergnügen haben wir damals nicht als solches empfungen: Das "Vergnügen" war damals eine Tortur, aber hinterher wurde es zum Vergnügen, denn das Englische wurde dadurch leichter, und das Französische wurde dadurch auch leichter, weil wir den Schwierigkeitsstandard des Lateinischen angelegt hatten. Ja! Standards anlegen ist das Stichwort für die ganz, ganz abschließende Bemerkung: Fremdsprachenunterricht zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Wollen wir alle versuchen, nicht unsere Ansprüche zu reduzieren, sondern sie anzuheben, um die Realität zu verbessern oder uns wenigstens an einen Standard zu halten, der akzeptabel ist.

1 Die Transkription erfolgte durch Nathalie Rutsch (htw saar, Saarbrücken).